Im letzten Jahr war es besonders still auf diesem Blog. Wie einige von euch an dem neuen Design bemerkt haben, soll es aber schon zeitnah weitergehen. Um das Eis zu brechen, möchte ich euch in diesem Beitrag berichten, was in dem letzten Jahr passiert ist, warum es so still war und wie es schlussendlich war ein Buch zu schreiben. Jeder hat sicherlich verschiedene Vorstellungen davon, hier lest ihr meinen Erfahrungsbericht. Außerdem werde ich auch ein wenig in die Zukunft blicken (Bloculus, VR-PinCade).

Es war Mitte 2016, als der Carl Hanser Verlag mit einigen Fragen bezüglich eines eventuellen Fachbuches über Virtual Reality-Entwicklung auf mich zu kam. Nach einigen Überlegungen, wie man das Projekt angehen könnte, welche Brille man unterstützen möchte und wer die Zielgruppe sein könnte, wurde dann die entscheidende Frage gestellt: „Könnten Sie sich vorstellen, das Buch selbst zu schreiben?“. Es war immer so ein Gedanke von mir mal ein Buch zu schreiben (bzw. eher eins geschrieben zu haben), aber niemals hätte ich gedacht, dass es tatsächlich dazu kommt. Es war eher wie eine Wunschvorstellung, eine Fantasie. Doch nun, fast 1.5 Jahre nachdem die Frage gestellt wurde, sitze ich hier und halte mein eigenes Buch in den Händen. Ein echtes Buch, dass über seine ISBN in jedem Buchladen gekauft werden kann und sogar für das Kindle angeboten wird. Die Situation ist fast surreal.

Könnten Sie sich vorstellen, das Buch selbst zu schreiben?

Im Oktober 2016 fing ich an das Buch zuschreiben. Zunächst wusste ich gar nicht wo ich anfangen soll, welche konkreten Themen sollen mit welchem Detailgrad in das Buch hinein und wie soll ich bitte auf die 400 Seiten kommen, die als Umfang festgelegt wurden? (Der Umfang hat sich mit der Zeit erhöht, dazu später mehr). Eine Gliederung und Priorisierung der einzelnen Kapitel und Themen halfen die 400 Seiten auf die einzelnen inhaltlichen Punkte aufzuteilen. Soweit so gut, nun mussten die Seiten nur noch gefüllt werden. Mit einer Deadline, die fast ein Jahr in der Zukunft liegt, und so vielen Seiten, fiel es mir in den ersten Wochen schwer mich zur orientieren. Ich schrieb an freien Tagen ein paar Seiten und an anderen auch nicht. Es fühlte sich so an, als müsste ich einfach gut in der Zeit liegen, schließlich habe ich noch ein Jahr Zeit. Meine Lektorin sendete mir dann eine Excel Tabelle zu, die mir bei der Orientierung helfen sollte. Sie enthielt jedes Kapitel und die geplante Seitenanzahl. Dazu kamen die Gesamtseitenzahl und wie viele (neue) Seiten ich pro Woche schreiben müsste, um die Deadline einzuhalten. Diese Excel-Tabelle dominierte von diesem Zeitpunkt an, mein gesamtes letztes Jahr. Aus ihr ergab sich, dass ich von nun an, ein Jahr lang, 11 DinA4 Seiten pro Woche schreiben muss. In den 11 Seiten war kein Puffer für das Überarbeiten, Aktualisieren und Überprüfen der fertigen Kapitel, das musste also zusätzlich noch geschehen. Vor allem am Anfang musste ich, um die 11 Seiten pro Woche schreiben zu können, aber zunächst noch Recherchieren und Evaluieren, was ich denn eigentlichen schreiben will und die insgesamt fünf Beispielprojekte entwickeln. Das sind 1.5 fertige Seiten, jeden Tag. Der Verlag kümmert sich zum Glück um die Rechtschreibkorrektur sowie das Layout des Buches, sodass mein Manuskript noch nicht Druckreif sein muss, inhaltlich müssen die Seiten jedoch perfekt sein.

Die Excel Tabelle, noch mit ursprünglichem Gesamtumfang und Abgabedatum

denn es ergab sich daraus, dass ich von nun an, für ein Jahr, 11 Seiten pro Woche schreiben muss.

Diese neue Perspektive half mir, trotz der weit entfernten Deadline, meinen Fortschritt und den Zustand des Buches stets zu analysieren und im Blick zu halten. Jedoch erzeugte das tägliche Betrachten der Zahlen auch massiven Druck, was den Spaß am Schreiben langfristig einschränkte. Dazu kam, dass wir gemeinschaftlich beschlossen das Thema ein wenig auszuweiten (und mehr Brillen zu unterstützen), wodurch sich die geplante Seitenzahl um rund 100 Seiten erhöhte. Zeitgleich wurde jedoch auch das Abgabedatum verschoben, um ausreichend Zeit für qualitativ gute Arbeit zu schaffen.

Inhaltlich war es mir wichtig, dass ein Großteil des Buches universal gehalten ist, also für Besitzer von jeglichen VR-Brillen interessant ist und kein Headset bevorzugt wird. -Trotzdem sollten aber alle individuellen Eigenschaften der einzelnen VR-Brillen beschrieben und in den Beispielprojekten verwendet werden. Außerdem sollte das Buch nicht nur erklären, wie man bestimmte Dinge möglichst schnell entwickelt, sondern auch erklären, warum Dinge wie Funktionieren. Der Leser soll also auch verstehen, was er dort entwickelt. Zusätzlich zu den VR-Inhalten sollte das Buch eine gute Grundlage zu allen Unity-Funktionen liefern, die zum Entwickeln eines Spiels notwendig sind. Jede Funktion, die in den Beispielprojekten verwendet wird, sollte daher verständlich und so detailliert wie nötig beschrieben werden.

Inhaltlich war es mir wichtig, dass keine VR-Brille bevorzugt wird und trotzdem alle individuellen Eigenschaften, der einzelnen VR-Brillen beschrieben werden

Nach einigen Wochen unter diesem Druck, fiel es mir täglich schwerer meine hohen selbst gesetzten Ziele zu erreichen, bis ich schließlich auch nicht mehr die vom PDF-vorgegebene Mindest-Seitenzahl erreichen konnte. Es ist nicht so, dass ich andere Dinge gemacht habe, raus gegangen bin, mich mit Freunden getroffen habe. Ich saß vor meinem PC, mit den Fingern auf der Tastatur und hatte das Gefühl neue Seiten zu schreiben, in der Praxis war es dann aber nur ein Absatz den ich immer wieder überarbeitet habe, oder ich saß einfach müde und untätig vor dem Monitor, mit dem selbst auferlegten Druck jetzt gute Inhalte schreiben zu müssen. Denn unabhängig von dem Zeit- Leistungsdruck, sollten die Qualität und Inhalte des Buches auf keinem Fall dadurch gemindert werden.

Ein Blick hinter die Kulissen des Buches, bevor es ins finale Design gesetzt wurde.

Es ging so nicht weiter, ich brauchte einen neuen Ansatz. Anstelle mich also auf die Zahlen zu fokussieren, begann ich deshalb meinen Fokus auf das, was mir Spaß macht zu legen: Den eigentlichen Themen. Basierend auf der geplanten Kapitel-Länge und den Inhalten der Kapitel, setzte ich mir Deadlines für die Inhalte der einzelnen Kapitel, anstelle mich auf die reinen Zahlen zu konzentrieren. „In 4 Wochen muss das Programmierkapitel, mit allen relevanten Informationen, fertig sein!“, formulierte ich z.B. anstelle von „in vier Wochen müssen 74 weitere Seiten fertig sein!“. Dieser erneute Perspektivwechsel, gab mir neue Motivation. Vollkommen egal mit wie vielen Seiten, es ging mir nun darum alle wichtigen Inhalte zu einem Thema, bis zu einem gewissen Zeitpunkt unterzubringen. Wenn es zu wenige Seiten wären, sei’s drum. Lieber kurz und prägnant, als viel Geschwafel. Ich kontrollierte trotzdem Stichprobenartig, ob ich mich zu kurz oder zu lang fasste, der ungefähre Rahmen des Buches war schließlich vertraglich vorgeschrieben. Ich gab jedem Thema so viel Zeit, wie es brauchte um verständlich herüber zukommen. So ergab sich, dass ich trotz unregelmäßiger Kontrolle, mit knapp 560 Seiten ein wenig über das Ziel hinaus schoss, doch der Verlag sah es zum Glück nicht so eng.

In 4 Wochen muss das Programmierkapitel, mit allen relevanten Infos, fertig sein!

Mit der neuen Strategie fiel es mir deutlich leichter viel zu schreiben, doch es war trotzdem kein Zuckerschlecken. Ich saß nicht an einem See in Finnland und schrieb zwischen einer Wanderung und dem Abendessen mal eben ein paar Seiten. Parallel zum Schreiben des Buches, habe ich schließlich auch noch Teilzeit gearbeitet und den Abschluss meines Studiums vorangetrieben. Jeden Tag saß ich in der Regel von 8 bis 22 Uhr am PC und habe eine der drei Dinge vorangetrieben. Ab Mitte 2017 kamen dann auch noch die Wochenenden dazu. Lediglich 1 bis 2 freie Tage und hin und wieder freie Abende, erlaubte ich mir pro Monat. Zeit für Freunde und Freizeit hatte ich im letzten Jahr daher wenig. Vor allem der letzte Monat, in dem ich das Buch noch einmal vollständig überarbeitet habe, um es auf den neusten Stand der Technik zu bringen, war sehr intensiv und erforderte gutes Zeitmanagement.

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Ab Mitte 2017 kamen dann auch noch die Wochenenden dazu

Die Zeit war definitiv anstrengend, doch es hat sich gelohnt: Das Buch ist nun fertig und veröffentlicht und die Verkaufszahlen scheinen gut zu sein, ich habe mein Studium mit VR-PinCade als Abschlussarbeit abgeschlossen und auch bei der Firma für die ich arbeite, haben sich durch das jahrelange bemühen des Teams neue interessante Türen geöffnet, während sich andere Türen für mich verschlossen haben. – So ist das Leben. In der Retrospektive habe ich das Gefühl, das letzte Jahr gegen die zuvor genannten Errungenschaften eingetauscht zu haben. Viel erlebt habe ich im letzten Jahr nicht, weshalb es für 2018 zunächst gilt meine Work-Life Balance neu zu sortieren.

Insgesamt war es eine anstrengende Erfahrung, aber würde ich mit all meinem Wissen von heute nochmal die Frage beantworten müssen, ob ich mir vorstellen könnte das Buch selbst zu schreiben, ich würde es tun. Ich habe in der Zeit viel über mich, Zeit- und Arbeitsplanung gelernt und mir einen Traum erfüllt: Ein Buch zu schreiben. Danke an den Hanser Verlag und für die Möglichkeit und an alle, die mich unterwegs unterstützt haben. Ich hoffe dieser Beitrag konnte euch einen besseren Einblick geben, wie es hinter den Kulissen aussah, als mein Platz für eine weile leer blieb.


Virtual Reality-Spiele entwickeln mit Unity® erschien im Dezember 2017 beim Hanser Verlag.

Auf 560 Seiten erkläre ich dir wichtige Grundlagen und gebe nützliche Tipps für Virtual Reality, Unity sowie den gängigen VR-Entwicklungswerkzeugen und zeige dir in spielbaren 5 Beispielprojekten wie du sie in der Praxis verwendest.

ISBN Buch inkl. E-Book: 978-3-446-45147-6
ISBN E-Book: 978-3-446-45623-5
Kindle: Nur bei Amazon

Bestell-Links (keine Referal-Links): Hanser-Fachbuch | Amazon (Buch) | Amazon (Kindle) | Thalia | Bücher.de | und überall wo es Bücher gibt.


Nun aber ein Ausblick in die Zukunft: Nachdem ich im letzten Jahr, wie nun ausführlich beschrieben, keine Zeit hatte neue Artikel auf Bloculus.de zu schreiben, soll es nun weitergehen. Wie auch schon in den Monaten vor der Pause, wird es dabei weiterhin weniger um News gehen. Neuigkeiten gibt’s ausreichend bei den Kollegen von VR-Nerds oder VRodo. Auf Bloculus.de wird es in Zukunft verstärkt um folgende Themen gehen:

  • Das Entwickeln für VR-Brillen
  • Meine persönliche Meinung und professionelle Einschätzung zu aktuellen und relevanten Themen aus Entwickler-Perspektive
  • Reviews und Einschätzungen zu VR-Inhalten aus meiner Sicht
  • Berichte und Erfahrenen zu/von VR-bezogenen Projekten

Zu VR-PinCade wird es bald einen eigenen Artikel geben, aber so viel sei gesagt: Es existiert nun ein Produkt-Prototyp und es wird wahrscheinlich schon bald eine finale Version geben, die, auf die eine oder andere Art, in den Verkauf geht. Das Bild rechts zeigt eine Variante des Prototyps aus Acrylglas.

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Geschrieben von Daniel Korgel

Ich bin Daniel Korgel und bin ein selbständiger Software Entwickler im Bereich Virtual Reality. Ich programmiere in meiner Freizeit schon sehr lange und bin gut unterwegs mit C# (& .Net), Java, HTML, PHP und MYSQL. Kenntnisse in C, C++ und Assembler sind aber auch vorhanden. Zudem arbeite ich derzeit auch an meinem Bachelor. In meiner Freizeit sammle ich alte Spielekonsolen und bin auch hin und wieder im Skatepark anzutreffen. Twitter: @DakorVR , @Bloculus_de| Xing: xing.com/profiles/Daniel_Korgel

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